Freunde

Inhaltsangaben/Content notes: Tiere (Hunde, Wölfe)

„Ach, das meint sie bestimmt nicht so“, versicherte Tom.
Schon über eine halbe Stunde spazierte er neben seinem Kumpel am Flussufer entlang und hörte zu, wie dieser von einem wirklich unglücklichen Missverständnis mit seiner besten Freundin erzählte.
Auch, wenn die Sache in seinen Augen gar nicht so dramatisch war, freute Tom sich über ihr Gespräch. Er genoss das Vertrauen, das ihm damit entgegengebracht wurde. Und es schien zu helfen, dass er zuhörte, ab und an nickte, zustimmend brummte oder gelegentlich eine Frage stellte. Vielleicht war aber auch nur seine Anwesenheit, sein stiller Beistand vonnöten. Wer wusste das schon?
Die Pausen, die sein Kumpel immer wieder machte, wurden mit jedem Mal länger. Für Tom, der ihn inzwischen gut kannte, ein untrügliches Zeichen, dass das Thema sich dem Ende zuneigte – entweder gab es nichts mehr zu berichten oder im Kopf seines Freundes entstand langsam eine Lösungsidee. Tom war beides recht.
Während er geduldig abwartete, ließ er seinen Blick über die Wiesen schweifen, die diesen Abschnitt des Flussufers säumten. Das gute Wetter hatte zahlreiche Personen nach draußen gelockt. Viele saßen einfach nur da und genossen Wärme und Sonnenstrahlen, andere spielten mit einem Hackysack, Hundebesitzer warfen Bälle oder Stöckchen, ein paar Kinder tollten einem Fußball hinterher und ein eine Handvoll Leute wagte sich mit Kanus oder Stand-Up-Paddle-Boards aufs Wasser. Schweigend genoss er den Anblick.

„Manchmal würde ich das auch gern machen.“
Neugierig drehte er den Kopf und versuchte zu erraten, worum es ging. „Ball spielen?“
Sein Freund verzog schuldbewusst die Miene. „Nein!“ Dann jedoch warf er ihm einen verschwörerischen Seitenblick zu. „Na ja. Vielleicht. Würdest du mitmachen? Das macht man als Erwachsener doch nicht mehr.“
Tom lachte und legte seinem Kumpel einen Arm um die Schultern. „Mann, entspann dich! Klar machen wir das! Und wenn’s dir wichtig ist, gehen wir wohin, wo uns keiner sieht.“
Das begeisterte Aufleuchten in den Augen des anderen freute Tom. Ob sein Freund je lernen würde, dass er nicht immer zuerst darüber nachdenken sollte, ob das, was er tun wollte, gegen die ungeschriebenen Regeln verstieß? Wenn er Spaß daran hatte, mit einem Ball zu spielen oder einem Stöckchen nachzujagen, würde Tom das liebend gerne mit ihm machen, egal, ob sich das für einen erwachsenen Werwolf geziemte oder nicht.

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